nachdem nun die Hoffnung aufkeimt, dass es für die Luftfahrt nun langsam bergauf gehen könnte, will ich einen kleinen Rückblick auf die zurückliegenden Monate in Hannover werfen - auch wenn die blauen Blechbüchsen natürlich nur einen Teil der Geschehnisse ausgemacht haben.
Es war ein Paukenschlag, als die TUI sich Mitte März 2020 dazu entschloss, keine Gäste mehr in die Zielgebiete zu fliegen, sondern nur noch Rückflüge durchzuführen. Da sich die Lage allerdings auch in den Zielgebieten rasch zuspitzte und das öffentliche Leben heruntergefahren wurde, lief kurzerhand eine beispiellose Rückholaktion an. Binnen zehn Tagen flog allein die TUI fly rund 70.000 Gäste auf 350 Flügen zurück nach Deutschland - einige davon auch im Auftrag der Bundesregierung. In dieser Zeit kam es zu ungewöhnlichen Routings, allen voran einem "Rundflug" von Hannover über Sal, Boa Vista, Tunis, Istanbul nach Hannover, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Destinationen abzuholen und in ihre Heimatländer zu fliegen. Auch andere Airlines wie Condor erschlossen neues Terrain, als etwa die betagten 767 erstmalig in der Firmengeschichte nach Neuseeland flogen.
Nach dem großen Rummel folgte die Stille. Und so blieben im Frühjahr 2020 auch bei dem beliebten Ferienflieger aus Hannover zwischenzeitlich nur vier Flugzeuge einsatzbereit, während die restlichen knapp 30 Boeing 737 der TUI fly vorübergehend eingemottet wurden.


An manchen Orten boten die Vorfelder nicht genügend Platz, etwa in Frankfurt, wo die Landebahnen zu Abstellflächen für die gestrandeten Maschinen wurden. Auch in Hannover reihten sich binnen weniger Tage ungewöhnlich viele Leitwerke mit dem roten Smile auf - ein Anblick, den man sonst am ehesten auf Mallorca zu sehen bekommt. Auch Lufthansa und Condor parkten einige Airbusse in Langenhagen.
Bekanntermaßen vertragen Flugzeuge keine langen Standzeiten am Boden. Sie sind für die wechselhaften Einflüsse während des Fliegens gebaut und müssen bei langen Bodenzeiten daher umfangreich betreut werden. Insbesondere Schmutz und Nässe können zu Schäden führen. Daher wurden die Boeing 737 der TUI fly sehr bald in ein Active Storage überführt, um sie gut gegen die Umwelteinflüsse zu schützen. Unter anderem wurden sämtliche Öffnungen verschlossen, um Insekten keine Zuflucht zu bieten. Räder, Triebwerke und Sonden wurden in Schutzfolie eingepackt und alterungsempfindliche Oberflächen geschützt - etwa durch das Herabsenken der Sonnenblenden in der Kabine.


Tatsächlich sorgt eine geparkte Flotte bei den Technikern für mehr Arbeit, als der reguläre Betrieb, denn im Active Storage werden die Flugzeuge nicht in einen Tiefschlaf versetzt. Beispielsweise sehen die Herstellervorgaben für die Boeing 737 NG vor, dass alle zehn Tage Funktionstests sowie eine Inspektion am Flugzeug durchgeführt werden, um sichtbaren Verschleiß schnell aufzudecken. Alle 30 Tage ist zudem ein umfangreicherer Check notwendig, bei dem auch die Triebwerke gestartet und das Flugzeug bewegt werden, damit es zu keinen Standschäden an den Reifen kommt. Auch die Klimaanlage läuft dann auf Hochtouren, um, zusätzlich zu den Luftentfeuchtern, die Schimmelbildung an Bord zu verhindern.

Bei diesem wellenlosen babyblauen Heck kommen direkt Hapag-Vibes auf. Die D-ATYC flog zuvor bei TUIfly Nordic und wurde im Frühjahr 2021 an TUI Airways übergeben. Sie mag etwas verblichen sein, aber ich mag diesen Lackierungsexoten weiterhin sehr gern.

Insbesondere im ersten Lockdown nutzte ich die Chance, bei sonnigem Wetter aufs Vorfeld zu gehen und den Stillstand zu dokumentieren. Damals bot sich ein bizarres Bild, denn der Großteil der TUI fly-Flotte war in Hannover geparkt, weitere Maschinen wurden durch die Technik-Standorte in Hamburg und Düsseldorf betreut. So interessant es war, die ganzen Mühlen auf einem Haufen zu sehen, war zugleich klar, dass diese Zwangspause die Luftfahrt nachhaltig erschüttern würde.



Nicht wenige bezeichnen den Wartungsbetrieb in "Halle 2" als das Herzstück der TUI fly. Irgendwas ist dort immer zu tun. In der Luft vereinen sich Gummi, Öl und sämtliche Betriebsstoffe zu diesem ganz speziellen "Flugzeuggeruch", wie man ihn nur im Hangar oder in den Fertigungslinien der Flugzeughersteller wahrnehmen kann. Im Sommer 2020 wurde klar, dass neben der allgemeinen Verkleinerung der Airline auch die gesamte Base Maintenance am Standort Hannover schließen wird. Das ist ohne jeden Zweifel eine traurige Entwicklung, denn bislang konnten hier P-Checks, Triebwerks- und Fahrwerkswechsel, Winterwartungen (aka Heavy Maintenance nach 6000 Flugstunden) und sämtliche anfallende Arbeiten erledigt werden, um beispielsweise einen AOG (Aircraft on Ground) möglichst schnell zu beheben.

Seit Jahren gibt es ein saisonales Leasinggeschäft zwischen den TUI Airlines und Fluggesellschaften in Nordamerika wie Miami Air und Sunwing Airlines. Auch TUI fly hat in den letzten Jahren 737-800, die in der nachfrageschwachen Wintersaison nicht in Europa benötigt wurden, mit Crews nach Kanada verleast. Aufgrund der Pandemie erfolgte die Übernahme der Kanada-Rückkehrer aufs deutsche Register stark verzögert und so parkte die D-ATUM einige Wochen als C-FIUM samt Ahornblatt am Terminal C.

Am 30. April gab es schließlich mit der OO-LOE, einer Boeing 787-8 der TUI fly Belgium, den ersten MuNasken-Frachter in Langenhagen zu sehen. Der Dreamliner war sowohl in den Frachträumen als auch auf den Sitzen, gut verzurrt mit Gurten und Netzen, mit insgesamt 1,8 Millionen medizinischen Mund-Nase-Bedeckungen beladen, um die Engpässe in Deutschland zu mindern. Seitdem sind vor allem die 787-8 und 787-9 der TUI Airlines im weltweiten Einsatz, und tragen dazu bei, die Lieferketten aufrecht zu erhalten. Denn was zuvor als Belly-Fracht auf Linienflügen transportiert wurde, durfte nach dem Einbruch der weltweiten Luftfahrt nicht dauerhaft liegen blieben. Kein Wunder also, dass an jenem Tag eine Boeing 767 der Condor wenige Minuten später - ebenfalls mit Masken beladen - in Hannover landete.

Während sich mein Verstand schon längst für die A350 entschieden hat, hängt mein Design-Herz weiterhin an den schnittigen Formen der Boeing 787. Da ich für gewöhnlich nur um die 737-800 herumlungern darf, war "Pearl" aus Brüssel natürlich ein Highlight, was die Dimensionen von Triebwerk, Rumpf und Cockpit anbelangt.


Die letzte kleine 737-700, die D-AHXG, sollte 2020 eigentlich noch als Backup bereitstehen und bei Engpässen einspringen. Mit den plötzlich vorhandenen Überkapazitäten in der 800er-Flotte war das aber nicht mehr notwendig, und so wartete sie gut eingepackt bis zum Herbst auf ihre Ausflottung.


Die D-ABBD ist auch so ein Exot. Nach ihrem Intermezzo bei Pegasus kehrte sie in den Air-Berlin-Betrieb zurück - und ist seit 2015 ganz in Weiß (und ohne Blumenstrauß) unterwegs. Erst gab es kleine "airberlin"-Titel, anschließend "Eurowings" und in 2021 darf sie mit "TUI" am Bug noch ihre letzte Saison abliefern.

Nach einem hoffnungsvollen Start in den Sommer 2020 machten anhaltende sowie wiederauferlegte Reisewarnungen vielen Reisenden einen Strich durch die Urlaubsplanungen. Im September spielte sich das Geschehen am Hannover Airport weiterhin nur am Terminal A ab - oft mit nur einer Handvoll Flügen pro Tag. Und so warteten auch die grau-gelben sowie brombeer-"sky blue"-farbenen Mitbewerber auf ihre nächsten Einsätze, etwa die D-AICD und die D-ABMQ.



Anlass für meinen Besuch war aber die D-ABAG, die mit ihren blauen Blended-Winglets samt großem Smiley ebenfalls ein Unikat in der TUI fly-Flotte ist. Spannend, wie man all die Jahre bei sämtlichen Maschinen um den TUI-Standard "drum herum" lackiert hat.


Die letzte Aufnahme der D-AHLK stammt aus dem Frühjahr 2021. Wie auch weitere Jets befand sie sich im Prolong Parking. Man hatte sie also für eine längere Zeit eingemottet und daher auch z.B. Türen und Fenster abgeklebt und das blanke Metall an den Tragflächenvorderkanten mit einem grünlichen Schutzfilm überzogen.

Die gute Nachricht, jetzt im Juni 2021, ist, dass es bergauf geht. Die größten Zielgebiete in Europa, allen voran Spanien, Griechenland und Portugal sind wieder geöffnet. Im Juli wird die, nun kleinere, Flotte von 22 Flugzeugen der TUI fly wieder vollständig im Einsatz sein. Ich hoffe, dass es diesmal von Dauer sein wird und solche Fotos nicht so bald wieder möglich sein werden.