United-Vorfall in Chicago

Allgemeine Themen rund um die Luftfahrt, z.B. Historisches, Zukunftsperspektiven, Spekulationen etc - nicht nur auf HAM & XFW bezogen

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EK60
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United-Vorfall in Chicago

Beitrag von EK60 »

Ich bin mal gespannt, was mit der United-Verb. nach der Negativ-PR-Aktion vom letzten Wochenende passiert... :roll:
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LevHAM
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von LevHAM »

EK60 hat geschrieben:Ich bin mal gespannt, was mit der United-Verb. nach der Negativ-PR-Aktion vom letzten Wochenende passiert... :roll:
Die Aktie hat einen schönen drop hingelegt, seitdem das passiert ist Mal eben fast eine dreiviertel Milliarde Marktkapitalisierung weg.
Dass das aber nun so langfristige Auswirkungen auf unsere Verbindung haben wird, glaube ich weniger. Außer die Presse bläht das noch weiter richtig auf.
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EK60
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von EK60 »

Schauen wir mal, mir sind schon 3 Unternehmen bekannt, die ihre Flüge ab sofort unter keinen Umständen mehr bei United buchen, auch wenn andere Varianten teurer sind.
Im übrigen denke ich nicht, dass die Presse hier etwas 'aufbläht', dafür hat einzig und allein United in unfassbarer Weise gesorgt
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Alster68 »

EK60 hat geschrieben:Im übrigen denke ich nicht, dass die Presse hier etwas 'aufbläht', dafür hat einzig und allein United in unfassbarer Weise gesorgt
Doch! Die Reaktionen sind übertrieben und es ist viel zu kurz gedacht, eine Airline wegen des ungebührlichen Verhaltens eines einzelnen Mitarbeiters zu verfluchen und zu boykottieren. Ein solchen Vorfall hätte es - rein theoretisch - bei jeder anderen Airline ebenfalls geben können.

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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

Alster68 hat geschrieben:Die Reaktionen sind übertrieben und es ist viel zu kurz gedacht, eine Airline wegen des ungebührlichen Verhaltens eines einzelnen Mitarbeiters zu verfluchen und zu boykottieren.
Im Gegenteil - es ist viel zu kurz gedacht, diesen Vorfall auf das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters zu reduzieren.

Denn zunächst mal war der Prügel-Cop gar kein UA-Mitarbeiter. Aber dass es überhaupt zum Showdown zwischen ihm und dem Passagier kam, lag daran, dass eine ganze Reihe UA-Mitarbeiter konsequent die Richtlinien ihres Unternehmens befolgt haben, wie in solchen Fällen zu verfahren ist.

Ich hatte gerade vorhin noch eine längere Konversation mit einem Freund, der bei UA arbeitet. Und dort ist man intern nach wie vor empört über die der eigenen Meinung nach unfaire Behandlung durch die Öffentlichkeit, da man sich in diesem Fall völlig im Recht wähnt.

Das Problem sitzt also weit tiefer als nur im Verhalten eines einzelnen Mitarbeiters.
EK60 hat geschrieben:mir sind schon 3 Unternehmen bekannt, die ihre Flüge ab sofort unter keinen Umständen mehr bei United buchen, auch wenn andere Varianten teurer sind
Kannst Du sagen, welche? Denn dass genau sowas jetzt passiert, glaubt man bei UA auch nach wie vor nicht.
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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

Nachtrag - so viel zum Thema "Einzelfall": http://www.latimes.com/business/lazarus ... story.html

Immerhin verprellen sie nicht nur das Fußvolk hinten im Flieger. Auch mit einem Full-Fare First Class Ticket werden einem Handschellen angedroht, wenn man den gebuchten Platz nicht wieder für jemand wichtigeres räumt.

Ein amerikanischer Freund aus der Reise-Branche kommentiert dazu:
United suffers a long legacy of toxic employee-management relationships. Stories like this are also the result of years of management by bean counters who put carrots and sticks into policy for saving the company money, at the cost of its reputation. Employees have very little room to make autonomous decisions. Even if they did, they would be beaten down for costing the company money. Not enough monetary value is placed on reputation... until the stock price goes south.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von EK60 »

Zak hat geschrieben:
Alster68 hat geschrieben:Die Reaktionen sind übertrieben und es ist viel zu kurz gedacht, eine Airline wegen des ungebührlichen Verhaltens eines einzelnen Mitarbeiters zu verfluchen und zu boykottieren.
Im Gegenteil - es ist viel zu kurz gedacht, diesen Vorfall auf das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters zu reduzieren.

Denn zunächst mal war der Prügel-Cop gar kein UA-Mitarbeiter. Aber dass es überhaupt zum Showdown zwischen ihm und dem Passagier kam, lag daran, dass eine ganze Reihe UA-Mitarbeiter konsequent die Richtlinien ihres Unternehmens befolgt haben, wie in solchen Fällen zu verfahren ist.

Ich hatte gerade vorhin noch eine längere Konversation mit einem Freund, der bei UA arbeitet. Und dort ist man intern nach wie vor empört über die der eigenen Meinung nach unfaire Behandlung durch die Öffentlichkeit, da man sich in diesem Fall völlig im Recht wähnt.

Das Problem sitzt also weit tiefer als nur im Verhalten eines einzelnen Mitarbeiters.
Das sehe ich genauso, Zak. Hier geht es nur am Rande um vielleicht 1 oder 2 einzelne MA von United, die dort direkt beteiligt waren. Vielmehr scheint die Unternehmensführung hier so einiges überhaupt nicht verstanden zu haben, dies ist ja auch an der ersten Reaktion von Mr. Munoz zu sehen, der offensichtlich anfangs gar nicht die Tragweite dieser Geschichte begriffen hat. Erst der miserable Börsenkurs hat ihm dann auf die Sprünge geholfen. (oder war es vielleicht doch das Video von Emirates dazu ?? https://www.youtube.com/watch?v=aEevyPse3f8 )

Nach dieser Nummer zu glauben, man wäre im Recht, zeugt schon von reichlich Realitätsverlust. Aus Sicht der Paragrafen mag das ja noch stimmen, aber das ist nunmal nicht die ganze Wahrheit
Zak hat geschrieben:
Alster68 hat geschrieben:
EK60 hat geschrieben:mir sind schon 3 Unternehmen bekannt, die ihre Flüge ab sofort unter keinen Umständen mehr bei United buchen, auch wenn andere Varianten teurer sind
Kannst Du sagen, welche? Denn dass genau sowas jetzt passiert, glaubt man bei UA auch nach wie vor nicht.
Namen kann ich hier leider nicht nennen, aber es sind keine kleinen Unternehmen. Allerdings ist der HAM-EWR-Flug davon nicht betroffen, dieser wird bereits seit längerem dort nicht mehr gebucht, da er von zu vielen techn. bedingten Ausfällen/Verspätungen betroffen ist/war und zu 757-Zeiten die Tankstopps, die immer mal wieder in Kanada stattgefunden haben, nicht mehr akzeptabel waren.
Aber diese Entscheidungen gibt es nicht nur in Unternehmen, ich kenne auch privat einige Leute, die nach dieser Geschichte einen Bogen um United machen und in ihren Entscheidungen so konsequent sind, dass sie nicht bei 50 oder 100 Euro Preisunterschied sofort wieder einknicken.

Klar kann man sich nun die Frage stellen, wie lange diese Entscheidungen am Ende wirklich beibehalten werden und von wievielen Kunden sie wirklich getroffen wird. Aber zu glauben, dass ein solches Fehl-Verhalten keine AUswirkungen (kurz- und langfristig) auf das Buchungsverhalten der Kunden hat, ist schon reichlich weltfremd und irgendwie auch dumm.

Am Ende ist es relativ einfach: wenn dem Kunden, der nunmal König ist, anschaulich in einem Video präsentiert wird, wie ein Passagier ohne eigenes Verschulden auf Anweisung der Airline wie ein Terrorist aus dem Flieger geprügelt und gezerrt wird, und das nur weil erstens die Airline nicht vorher am Gate das Thema Überbuchung geregelt bekommt und ihr zweitens offensichtlich der Transport eigener MA wichtiger ist als der Transport ihrer Kunden, dann geht das ordentlich nach hinten los... denn einem guten Teil der Kunden wird hier schnell klar, dass hier nicht ein einzelner United-MA einen extrem schlechten Tag hatte, sondern dies offenbar Unternehmens-Richtlinie ist.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Alster68 »

Zak hat geschrieben:Denn zunächst mal war der Prügel-Cop gar kein UA-Mitarbeiter. Aber dass es überhaupt zum Showdown zwischen ihm und dem Passagier kam, lag daran, dass eine ganze Reihe UA-Mitarbeiter konsequent die Richtlinien ihres Unternehmens befolgt haben, wie in solchen Fällen zu verfahren ist
Ja, so ist das wohl gelaufen. Aber was bitte soll man von den Angestellten erwarten? Sie können nur ihre Anweisungen beachten. Ich wage immer
noch zu behaupten, das ein solcher Vorfall bei jeder anderen Fluggesellschaft vorkommen könnte. Überbuchte Flieger gehören zur Tagesordnung. Hier wurden m.E. zwei Fehler begangen: 1. Die ganze Geschichte hätte sich noch am Gate erledigen müssen, 2. Die Prämie/Wiedergutmachung hätte solange erhöht werden müssen, bis sich tatsächlich ein Freiwilliger gefunden hätte. Aber was wenn, ausgerechnet in O´Hare und das womöglich noch zur Stoßzeit, keiner am C/I in der Lage war eine solche Entscheidung zu treffen?

United bekommt jetzt mal so richtig einen verbraten! Gut so, es fallen mir einige Unternehmen, in fast allen Branchen ein, die so etwas ebenfalls nötig hätten. Der (positive) Effekt trifft dabei nicht nur zukünftige UA-Paxe, sondern Passagiere aller Gesellschaften. Trotzdem halte ich es für absoluten Unsinn aufgrund diesen Vorfalls in keinen UA-Flieger mehr zu steigen.
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LevHAM
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von LevHAM »

EK60 hat geschrieben: Am Ende ist es relativ einfach: wenn dem Kunden, der nunmal König ist, anschaulich in einem Video präsentiert wird, wie ein Passagier ohne eigenes Verschulden auf Anweisung der Airline wie ein Terrorist aus dem Flieger geprügelt und gezerrt wird, und das nur weil erstens die Airline nicht vorher am Gate das Thema Überbuchung geregelt bekommt und ihr zweitens offensichtlich der Transport eigener MA wichtiger ist als der Transport ihrer Kunden, dann geht das ordentlich nach hinten los... denn einem guten Teil der Kunden wird hier schnell klar, dass hier nicht ein einzelner United-MA einen extrem schlechten Tag hatte, sondern dies offenbar Unternehmens-Richtlinie ist.
Soweit ich weiß, war es sehr kurzfristig nötig, dass diese​ Crew auf die Maschine muss. Da war das Boarding schon im Gange. Alle bis auf einen konnten auf die restlichen Sitze und Jumpseats verteilt werden. Es ist so, dass Deadhead Crews die allerhöchste Priorität haben, vor jedem Passagier mit noch so hoher Buchungsklasse und noch so funkelnder schwarzer Karte.

Das ist eine Situation gewesen, die nur von einer hoch entscheidungsbefugten Person für den Kunden hätte zufriedenstellend gelöst werden können. Das sind aber meist jene, die weitab der täglichen Schlacht an der Front nicht greifbar sind und in solchen Situationen erst Recht nicht. Die Mitarbeiter vor Ort, die direkten Vorgesetzten und alle involvierten mussten also selber entscheiden, ob sie den Kunden rausschmeißen lassen oder gegen die Unternehmensrichtlinien verstoßen und wohl einen großen unmittelbaren finanziellen Schaden damit verursachen. Jene Crew sollte ja aus einem Grund unbedingt auf diesen Flug, da hätte es dann wahrscheinlich einen Ausfall gegeben.

Wenn die so entschieden hätten, dass die Crew draußen bleibt, gäbe es nun wohl mächtig Ärger für betreffende Mitarbeiter, da ja niemand gewusst hätte, was die andere, "richtige" Alternative für eine Lawine und größeren finanziellen Schaden verursacht hätte.

Ich bin aber auch der Meinung, dass diese Situation bei jeder Airline hätte auftreten können und das Resultat wäre dabei meistens das gleiche gewesen.
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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

Nein, das sehe ich etwas anders. Es ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass so etwas auch bei anderen passieren könnte. Aber die internen Abläufe und Richtlinien, nach denen die Angestellten handeln müssen, sind bei UA deutlich starrer als bei anderen Airlines und lassen Mitarbeitern keinerlei Handlungsfreiheit. Das begünstigt solche Situationen.
LevHAM hat geschrieben:Soweit ich weiß, war es sehr kurzfristig nötig, dass diese​ Crew auf die Maschine muss. Da war das Boarding schon im Gange. Alle bis auf einen konnten auf die restlichen Sitze und Jumpseats verteilt werden. Es ist so, dass Deadhead Crews die allerhöchste Priorität haben
Nicht ganz.

Der Flug war überbucht, und man hat schon am Gate nach Freiwilligen gesucht (und gefunden), die gegen Geld bereit waren, den Flug nicht anzutreten.

Die Crew tauchte dann erst auf, nachdem das Boarding bereits im Gange war. Was die Frage aufwirft, warum so spät. Bei einem einzelnen Mitarbeiter kann ich es noch verstehen. Bei einer kompletten Crew hat da jemand gewaltig gepennt, und jetzt sollen die Kunden es ausbaden.

Zumal es andere Möglichkeiten gegeben hätte. Sowohl DL als auch AA hatten den Tag noch Flüge nach Louisville, und keiner dieser Flüge war voll. Tickets hätten dort um die $250 das Stück gekostet. Für gerade mal $1000 hätte man die Situation also lösen können. Es ist aber nicht UA-Policy, Kunden oder Crew auf andere Airlines zu buchen.

Und notfalls hätte man auch einen Kleinbus mitsamt Fahrer anmieten können, um die Crew nach Loiusville zu fahren. Die Fahrtzeit liegt bei unter 4 Stunden, das wäre also absolut zumutbar gewesen und hätte vermutlich ca. $750 gekostet. Auch das ist aber nicht UA-Policy.

Statt dessen lässt man lieber zahlende Kunden aus dem Flieger entfernen. Notfalls auch mit Gewalt.

Ich kann verstehen, wenn Leute so einer Airline deshalb den Rücken kehren. Zumal bei UA intern nach wie vor keine wirkliche Einsicht vorhanden ist, hier etwas falsch gemacht zu haben.
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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

Passend zum Thema - der Passagier bereitet jetzt eine Klage vor: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/uni ... 43174.html

So weit wenig überraschend, aber bemerkenswert finde ich zwei Nebensätze in dem Artikel:
(United-CEO) Munoz ... sprach ... von einem "Systemfehler". United habe für seine Führungskräfte kein Verfahren etabliert, das diesen ermögliche, ihren "gesunden Menschenverstand" zu benutzen.
Das ist bei anderen US-Airlines inzwischen besser. AA und insbesondere DL haben bereits vor Jahren angefangen, interne Abläufe umzukrempeln, um dem Passagier gegenüber besser auszusehen. Dazu gehört es auch, Angestellte mit gewissen Entscheidungskompetenzen auszustatten, auch um ihre Motivation und ihre Identifikation mit dem Arbeitgeber zu verbessern.

UA hat das komplett verpennt.

Und:
Kurz nach dem Vorfall hatte Munoz das Vorgehen der United-Mitarbeiter noch verteidigt.
Was die interne Einstellung bei UA relativ exakt wiedergibt. Der CEO hat inzwischen verstanden, dass man damit ab jetzt aber wohl nicht mehr durchkommt. Bei den Mitarbeitern ist die Message aber noch lange nicht angekommen. Da zitiert man lieber weiter den Daily Mail Artikel über die angebliche Vergangenheit des Passagiers (Poker-Spieler, vorbestraft), obwohl das a) null Relevanz hat, und sich b) inzwischen auch herausgestellt hat, dass das Käseblatt da in bester Daily Fail Manier wohl den falschen David Dao recherchiert hat.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Sheremetyevo »

Nachdem ich zunächst auch ungläubig den Kopf geschüttelt habe, sehe ich - basierend auf den öffentlich gemachten Informationen - United grundsätzlich im Recht. Auch wenn der Grund der Überbuchung bei United zu suchen ist - und United hierfür den Passagier zu entschädigen hat - hat United Hausrecht und kann entscheiden, ob und wer am Boden bleiben muss. Überbuchungen kommen täglich vor und werden in aller Regel auch einvernehmlich mit den betroffenen Passagieren geregelt. Die vorliegende Eskalation ist ja offensichtlich nur entstanden, da sich der betroffene Passagier hartnäckig geweigert hat, trotz angebotener und marktüblicher bzw. im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften liegender Entschädigungszahlung und Androhung von Polizeigewalt, das Flugzeug zu verlassen. Sicherlich hätte man zunächst noch weitere Alternativen prüfen können (Erhöhung der Entschädigungszahlung, Umbuchen der eigene Crew), letztendlich wäre es aber auch unfair gegenüber den anderen Passagieren gewesen, den Abflug weiter zu verzögern bzw. einen anderen, weniger renitenten Passagier aus dem Flugzeug zu verweisen.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Alster68 »

Zak hat geschrieben:Passend zum Thema - der Passagier bereitet jetzt eine Klage vor: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/uni ... 43174.html

So weit wenig überraschend, aber bemerkenswert finde ich zwei Nebensätze in dem Artikel:
(United-CEO) Munoz ... sprach ... von einem "Systemfehler". United habe für seine Führungskräfte kein Verfahren etabliert, das diesen ermögliche, ihren "gesunden Menschenverstand" zu benutzen.
Das ist bei anderen US-Airlines inzwischen besser. AA und insbesondere DL haben bereits vor Jahren angefangen, interne Abläufe umzukrempeln, um dem Passagier gegenüber besser auszusehen. Dazu gehört es auch, Angestellte mit gewissen Entscheidungskompetenzen auszustatten, auch um ihre Motivation und ihre Identifikation mit dem Arbeitgeber zu verbessern.

UA hat das komplett verpennt.

Und:
Kurz nach dem Vorfall hatte Munoz das Vorgehen der United-Mitarbeiter noch verteidigt.
Was die interne Einstellung bei UA relativ exakt wiedergibt. Der CEO hat inzwischen verstanden, dass man damit ab jetzt aber wohl nicht mehr durchkommt. Bei den Mitarbeitern ist die Message aber noch lange nicht angekommen. Da zitiert man lieber weiter den Daily Mail Artikel über die angebliche Vergangenheit des Passagiers (Poker-Spieler, vorbestraft), obwohl das a) null Relevanz hat, und sich b) inzwischen auch herausgestellt hat, dass das Käseblatt da in bester Daily Fail Manier wohl den falschen David Dao recherchiert hat.
Herrlicher Beitrag, Zak, und gut recherchiert! Das ändert meine Sicht auf den Vorfall tatsächlich. Wie gesagt, solche Vorfälle haben - neben dem herben Beigeschmack - durchaus gute Seiten; In diesem Falle eine grundsätzliche Sensibilisierung
zum Thema "Umgang mit überbuchten Passagieren" und das über UA hinaus.

Thorsten
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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

Sheremetyevo hat geschrieben:Nachdem ich zunächst auch ungläubig den Kopf geschüttelt habe, sehe ich - basierend auf den öffentlich gemachten Informationen - United grundsätzlich im Recht. Auch wenn der Grund der Überbuchung bei United zu suchen ist - und United hierfür den Passagier zu entschädigen hat - hat United Hausrecht und kann entscheiden, ob und wer am Boden bleiben muss. Überbuchungen kommen täglich vor und werden in aller Regel auch einvernehmlich mit den betroffenen Passagieren geregelt. Die vorliegende Eskalation ist ja offensichtlich nur entstanden, da sich der betroffene Passagier hartnäckig geweigert hat, trotz angebotener und marktüblicher bzw. im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften liegender Entschädigungszahlung und Androhung von Polizeigewalt, das Flugzeug zu verlassen. Sicherlich hätte man zunächst noch weitere Alternativen prüfen können (Erhöhung der Entschädigungszahlung, Umbuchen der eigene Crew), letztendlich wäre es aber auch unfair gegenüber den anderen Passagieren gewesen, den Abflug weiter zu verzögern bzw. einen anderen, weniger renitenten Passagier aus dem Flugzeug zu verweisen.
Ob United im Recht war, ist umstritten (allerdings auch nicht ausgeschlossen).

Was aber definitiv nicht gerechtfertigt war, war der Polizeieinsatz. Es handelte sich hier um eine zivilrechtliche Auseinandersetzung, und von dem Passagier ging keine Gefahr aus. Die Polizei ist nicht dazu da, UA's interne Policies durchzusetzen.

Es spricht ja auch für sich, dass gegen den Passagier bisher weder Anklage erhoben wurde, noch ermittelt wird. Wohingegen die Polizisten inzwischen alle suspendiert wurden.

Nach "im Recht sein" sieht das erstmal nicht aus.
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LevHAM
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von LevHAM »

Naja, wenn ein Lokführer oder Zugführer jemanden aus dem Zug schmeißen möchte (das Hausrecht durchsetzen), kann dieser auch die Polizei anfordern, wenn diese Person. Ich freiwillig den Zug verlässt. In dem Zusammenhang interessiert die Polizei auch gar nicht das warum, sondern nur dass ...

Wie auch immer. Ich selber habe lange Jahre in verschiedenen Positionen in der Passagier- und Flugzeugabfertigung gearbeitet. Dort wurde immer so gehandelt, dass eine Person, die einmal geboarded ist auch geboarded bleibt (solange sie denn auch auf den Flug gehört, versteht sich :wink: ).

Eigentlich müsste man diese ganzen Beiträge Mal aus dem Thread hier heraus holen und nach Luftfahrt allgemein Verschieben. Bis auf eventuelle schlechte Auswirkungen hat die ganze Geschichte ja eher weniger mit unserem UA-Flug zutun.
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Zak
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

LevHAM hat geschrieben:Naja, wenn ein Lokführer oder Zugführer jemanden aus dem Zug schmeißen möchte (das Hausrecht durchsetzen), kann dieser auch die Polizei anfordern, wenn diese Person. Ich freiwillig den Zug verlässt. In dem Zusammenhang interessiert die Polizei auch gar nicht das warum, sondern nur dass ...
Auch das sehe ich nicht so. Es ist zwar sicher der Regelfall, dass, wenn die Polizei zu solchen Situationen gerufen wird, auch ein guter Grund dafür vorliegt und von der zu entfernenden Person eine erhebliche Störung oder sogar eine Gefahr ausgeht.

Ist allerdings aus der Situation ersichtlich, dass dies nicht der Fall ist, wird die Polizei das sehr wohl interessieren.

Ich habe so einen Fall selber mal erlebt, und zwar als zu entfernende Person. Ich war mit Freunden nach einem Disco-Besuch bei McDonald's - komplett nüchtern, weil ich den Abend gefahren bin. Mein georderter Burger stellte sich als kalt und pappig heraus, weshalb ich zurück zum Tresen ging und mich höflich beschwert und um einen neuen Burger gebeten habe. Die Dame am Tresen (die sich später als Restaurantleiterin herausstellte) wurde daraufhin sofort ausfallend. Das widerum wollte ich mir nicht bieten lassen und habe nach ihrem Namen gefragt, damit ich mich über sie beschweren kann.

Daraufhin meinte sie, ich hätte jetzt Hausverbot und solle mich sofort vom Acker machen, sonst würde sie "die Cops rufen". Womit ich in dem Moment kein Problem hatte. Und nachdem ich keine Anstalten machte zu gehen, hat sie tatsächlich über 110 die Polizei gerufen.

Die war auch flugs da, hat mich aber keinesfalls gleich entfernt, nur weil die Dame ihr - zweifelsohne vorhandenes - Hausrecht ausüben wollte. Stattdessen haben sie mich erstmal gefragt, was los war, ich hab es ihnen ruhig geschildert, und sie haben wohl schnell gemerkt, dass ich eben nicht der typische besoffene Randalebruder bin (zumindest an dem Abend nicht :twisted: ). Andere Gäste haben zudem meine Version bestätigt, und daraufhin hat die Restaurantleiterin von den Polizisten dann einen deutlichen Einlauf bekommen. Und ich kurz darauf einen neuen Burger.

Es ist also keinesfalls so, dass Polizisten auf Zuruf eines Hausrecht-Inhabers immer Flug-, Fahr- oder sonstige Gäste entfernen werden. Statt dessen werden sie sich erstmal ein Bild von der Lage machen und dann entscheiden, ob sie eingreifen müssen oder nicht.

Hätten die Polizisten in Chicago das auch getan, statt mit blindem Eifer handgreiflich zu werden, hätten sie jetzt noch einen Job. Denn der Passagier hatte ein gültiges Ticket, und von ihm ging keine offenkundige Gefährdung aus. Und UA's zweifelhafte Überbuchungs-Policy durchzusetzen ist eben nicht Aufgabe der Polizei. Schon garnicht gewaltsam.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von JU52 »

@ZAK, mag evtl. für die USA zutreffen, aber wenn du in Deutschland bei McDo (im Lokal) einen Burger reklamierst und dich nach Aufforderung weigerst zu gehen, wird die Polizei feststellen, dass du zwar zivilrechtliche Ansprüche wegen des Burgers geltend machen kannst. (keine Zuständigkeit der Polizei), aber gehen musst du dennoch, tust du es nicht, begehst du eine Straftat (Zuständigkeit der Polizei) und die Beamten werden dich auffordern zu gehen, kommst du dem nicht nach, führen sich dich hinaus (wenn erforderlich mit Gewalt).

Du kannst das ja gerne testen, wirst dann aber die hier gültigen Rechtsvorschriften kennenlernen :wink:
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Zak »

JU52 hat geschrieben:@ZAK, mag evtl. für die USA zutreffen, aber wenn du in Deutschland bei McDo (im Lokal) einen Burger reklamierst und dich nach Aufforderung weigerst zu gehen, wird die Polizei feststellen, dass du zwar zivilrechtliche Ansprüche wegen des Burgers geltend machen kannst. (keine Zuständigkeit der Polizei), aber gehen musst du dennoch, tust du es nicht, begehst du eine Straftat (Zuständigkeit der Polizei) und die Beamten werden dich auffordern zu gehen, kommst du dem nicht nach, führen sich dich hinaus (wenn erforderlich mit Gewalt).

Du kannst das ja gerne testen, wirst dann aber die hier gültigen Rechtsvorschriften kennenlernen :wink:
Was ich da beschrieben habe, ist mir nicht in den USA passiert, sondern hier in Deutschland.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von JU52 »

Ok - siehe PN...
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Okke »

Zak hat geschrieben:(...)
Was ich da beschrieben habe, ist mir nicht in den USA passiert, sondern hier in Deutschland.
Das bezweifle ich nicht, jedoch hätte nach deutschem Recht die Filialleiterin auf ihr Hausrecht bestehen können und dann hätte die Polizei ihr bei der Durchsetzung ihres Hausrecht behilflich sein müssen.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von Sheremetyevo »

Zak hat geschrieben:
JU52 hat geschrieben:@ZAK, mag evtl. für die USA zutreffen, aber wenn du in Deutschland bei McDo (im Lokal) einen Burger reklamierst und dich nach Aufforderung weigerst zu gehen, wird die Polizei feststellen, dass du zwar zivilrechtliche Ansprüche wegen des Burgers geltend machen kannst. (keine Zuständigkeit der Polizei), aber gehen musst du dennoch, tust du es nicht, begehst du eine Straftat (Zuständigkeit der Polizei) und die Beamten werden dich auffordern zu gehen, kommst du dem nicht nach, führen sich dich hinaus (wenn erforderlich mit Gewalt).

Du kannst das ja gerne testen, wirst dann aber die hier gültigen Rechtsvorschriften kennenlernen :wink:
Was ich da beschrieben habe, ist mir nicht in den USA passiert, sondern hier in Deutschland.
Ich denke, dass in deinem Fall die Polizisten - ungeachtet der rechtlichen Situation - bemüht waren, zu vermitteln um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Denn es ist offensichtlich, dass die Erteilung eines Hausverbotes in deinem Fall völlig unangemessen war und bei einer Klage deinerseits Mc Donalds zumindest zivilrechtlich belangt worden wäre (und die Beamten die Restaurantleiterin darauf wohl auch aufmerksam gemacht haben). Ungeachtet dessen bin ich mir aber sicher, dass die Beamten einer Aufforderung der Restaurantleiterin, das Hausverbot gegen dich durchzusetzen hätten nachkommen müssen.

Auch ist der Sachverhalt in diesem Fall m.E. nicht vergleichbar. Durch die Weigerung des Passagiers auszusteigen, ist es dem Piloten nicht möglich gewesen den Flug durchzuführen (Sicherheitsbestimmungen) was zu einem erheblichen Eingriff in den Betriebsablauf geführt hätte (was in deinem Fall nicht der Fall gewesen wäre).

Ich denke, dass weder United noch die Polizisten psychologisch sehr klug gehandelt haben, (straf-)rechtlich ist das Entfernen aus dem Flugzeug m.E. allerdings in Ordnung es sei denn das Vorgehen beim Abtransport ist unverhältnismässig gewesen.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von JU52 »

Sheremetyevo hat geschrieben: Ich denke, dass weder United noch die Polizisten psychologisch sehr klug gehandelt haben, (straf-)rechtlich ist das Entfernen aus dem Flugzeug m.E. allerdings in Ordnung
Auf den Punkt gebracht!
...es grüßt die "alte Tante"
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Zak »

Sheremetyevo hat geschrieben:Durch die Weigerung des Passagiers auszusteigen, ist es dem Piloten nicht möglich gewesen den Flug durchzuführen (Sicherheitsbestimmungen) was zu einem erheblichen Eingriff in den Betriebsablauf geführt hätte
Es war ohne weiteres möglich, den Flug durchzuführen. Es befanden sich nicht zu viele Passagiere an Bord, alle an Bord hatten eine gültige Bordkarte, alle sind den Sicherheitsbestimmungen entsprechend gescreened worden, und niemand stellte eine Gefährdung für den Flugablauf dar.

Man hätte also ohne weiteres die Türen schließen und losfliegen können. Man wollte nur nicht, und das aus Gründen, die der Passagier nicht zu vertreten hatte.

Und genau für solche Fälle ist die Polizei eben nicht zuständig. Weder hier noch in den USA.

Und nochmal - der Passagier ist bislang weder straf- noch zivilrechtlich belangt worden. Die Polizisten hingegen sind suspendiert worden. Warum sollte das so sein, wenn Crew und Polizisten rechtlich alles richtig gemacht hätten?
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von LevHAM »

Zak hat geschrieben:Warum sollte das so sein, wenn Crew und Polizisten rechtlich alles richtig gemacht hätten?

Es wird die Art gewesen sein WIE sie es gemacht haben.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von JU52 »

Zak hat geschrieben:
Sheremetyevo hat geschrieben:Die Polizisten hingegen sind suspendiert worden. Warum sollte das so sein, wenn Crew und Polizisten rechtlich alles richtig gemacht hätten?
Sind diese Erkenntnisse denn wirklich gesichert? Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen! Und was ist mit der Crew, sind gegen die Anzeigen erstattet worden?
Ich finde es sind außer den Bildern (und selbstverständlich sieht soetwas immer sch... aus, ich will das weder gutheißen noch verteidigen) wenig hilfreiche Informationen vorhanden, mit denen sich die rechtliche Lage wirklich beurteilen lässt.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Zak »

LevHAM hat geschrieben:
Zak hat geschrieben:Warum sollte das so sein, wenn Crew und Polizisten rechtlich alles richtig gemacht hätten?
Es wird die Art gewesen sein WIE sie es gemacht haben.
Naja, da der Passagier sich zweifellos geweigert hat, das Flugzeug zu verlassen, hatten sie ja am Ende eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten: wieder abziehen, oder ihn gewaltsam entfernen. Sie haben sich für die letztere entschieden, und sind jetzt dafür suspendiert worden.
JU52 hat geschrieben:Sind diese Erkenntnisse denn wirklich gesichert? Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen! Und was ist mit der Crew, sind gegen die Anzeigen erstattet worden?
Ich finde es sind außer den Bildern (und selbstverständlich sieht soetwas immer sch... aus, ich will das weder gutheißen noch verteidigen) wenig hilfreiche Informationen vorhanden, mit denen sich die rechtliche Lage wirklich beurteilen lässt.
Alles in allem liegt schon ein relativ vollständiges Bild vor. Was nicht bekannt ist, ist, was genau die Crew den Polizisten erzählt hat, als sie sie gerufen haben. Sollten sie den Polizisten z.B. fälschlicherweise erzählt haben, dass der Passagier gewalttätig geworden ist, könnte das die Polizisten teilweise entlasten, würde dann allerdings die Crew in rechtliche Schwierigkeiten bringen.

Ansonsten dürfte der Crew rechtlich gesehen nicht viel passieren. Sie haben wohl die United-Policies befolgt, sind arbeitsrechtlich also kaum zu belangen. Zumal ihnen der UA-CEO in seiner internen E-Mail vom Folgetag ja quasi einen Persilschein ausgestellt hat. Und dass sie die Polizei gerufen haben, dürfte grundsätzlich auch nicht zu beanstanden sein.

Was mit den Polizisten dienstrechtlich weiter passiert, bleibt abzuwarten.

Der Passagier hat bereits angekündigt, Klage zu erheben. Ob nur gegen UA oder auch gegen die Polizisten, bleibt ebenfalls abzuwarten. Meine Vermutung ist, dass er nur UA verklagen wird, weil da natürlich deutlich mehr zu holen sein wird. Zumal ich vermute, dass UA tief in die Tasche greifen wird, um sich außergerichtlich zu einigen.
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Re: United Airlines in Hamburg

Beitrag von paraglider »

JU52 hat geschrieben:
Sheremetyevo hat geschrieben: ... (straf-)rechtlich ist das Entfernen aus dem Flugzeug m.E. allerdings in Ordnung
Auf den Punkt gebracht!
Wie die Themen "Hausrecht" bezüglich Platzverweis/Hausverbot in den USA und bzw. oder dem Luftverkehr zu bewerten sind, ist mir unbekannt. Hierzulande weiß aber schon (bzw. sollte es wissen) jeder Inhaber eines kleinen Einzelhandelsgeschäfts, dass er im Rahmen seines Hausrechts nicht beliebig Platzverweise/Hausverbote erteilen kann. Es müssen schon triftige Gründe vorliegen. So zum Beispiel Störung des Betriebsablaufes, Belästigung anderer Kunden, offenkundiges Vorhaben, dass der Aufenthalt nicht dem üblichen Geschäftszweck dient etc.. Noch sehr viel weiter eingeschränkt ist das Hausrecht im Dienstleistungssektor. Da braucht man nur mal die Sicherheitsleute nebst Polizisten im ÖPNV zu fragen wie aussichtslos es ist, Bettler und Hausierer loszuwerden, wenn diese im Besitz eines gültigen Fahrscheines sind. Da muss schon eine unmittelbare Gefahrenlage vorliegen!

Insofern ist das x-beliebige"Entfernen einer Person" aus den Räumlichkeiten eines Geschäftsbetriebes rechtlich alles andere als pauschal "in Ordnung".

Was den aktuellen Fall angeht: Der Passagier sollte - nach allem was bekannt ist - ja nicht aufgrund einer Gefahrenlage (Gfährdung des Luftverkehrs etc.) aus dem Flieger "entfernt" werden. Vielmehr sollte diese Maßnahme zur Erzwingung einer Schlechterfüllung des geschlossenen Beförderungsvertrages erfolgen. Die Weigerung des Passagiers, das Beförderungsmittel wieder zu verlassen, ist nachvollziehbar und dürfte strafrechtlich keine Relevanz haben. Jedenfalls nicht, so lange ihm nicht als Grund die Gefährdung des Betriebsablaufes mitgeteilt wurde (wofür es ja offenkundig auch keinerlei Anlass gab).

Um den zivilrechtlichen Aspekt der Sache zu bewerten, kann sich ja mal wer durch die Beförderungsbedingungen als Bestandteil des geschlossenen Beförderungsvertrages kämpfen. Mir ist zwar bekannt, dass im konkreten Falle einer Überbuchung der Zutritt zum Beförderungsmittel (Flugzeug) unter bestimmten Umständen (Schadenersatz etc.) verweigert werden kann. Eine Verpflichtung, das Beförderungsmittel aus diesem Grunde und auf Anweisung wieder verlassen zu müssen - zumal bereits der zugewiesener Sitzplatz eingenommen wurde - ist mir nicht bekannt (es mag sie aber geben).

>>> Gibt es so eine Regelung, hätte man vor der Anwendung physischer Gewalt auf diese verweisen müssen bzw. besser noch diese dem betroffenen Passagier vorlegen sollen.

Die Sachlage ist im Übrigen auch nicht vergleichbar mit der seltenen, aber doch möglichen Situation, dass sich irrtümlich mehr Passagiere bereits an Bord befinden, als Sitzplätze zur Verfügung stehen. In solch einem Falle hätten selbstverständlich Passagiere das Flugzeug wieder verlassen müssen.
Mir ist soetwas zweimal passiert. 1990 mit Aeroflot von SXF nach SVO und einige Jahre später mit Emirates von DXB nach BKK. Während Aeroflot mit 8 "Gang-Passagieren" trotzdem startete (die Flugbegleiter hatten sich vorsichtshalber gar nicht sehen lassen und in die 1st Class verkrochen) hat Emirates das Flugzeug komplett räumen lassen und einen neuen Satz Bordkarten ausgegeben. Diejenigen, die dann keine mehr abbekamen, waren natürlich angefressen ohne Ende, mussten sich aber ohne Übergriffe der Polizei ihrem Schicksal ergeben...
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Zak »

paraglider hat geschrieben:Hierzulande weiß aber schon (bzw. sollte es wissen) jeder Inhaber eines kleinen Einzelhandelsgeschäfts, dass er im Rahmen seines Hausrechts nicht beliebig Platzverweise/Hausverbote erteilen kann. Es müssen schon triftige Gründe vorliegen. So zum Beispiel Störung des Betriebsablaufes, Belästigung anderer Kunden, offenkundiges Vorhaben, dass der Aufenthalt nicht dem üblichen Geschäftszweck dient etc.. Noch sehr viel weiter eingeschränkt ist das Hausrecht im Dienstleistungssektor. Da braucht man nur mal die Sicherheitsleute nebst Polizisten im ÖPNV zu fragen wie aussichtslos es ist, Bettler und Hausierer loszuwerden, wenn diese im Besitz eines gültigen Fahrscheines sind. Da muss schon eine unmittelbare Gefahrenlage vorliegen!
Genau so ist es. Das Hausrecht ist ja auch weder die einzige noch die höchste Rechtsnorm, die unser Rechtssystem bereit hält.

Es gilt zum Beispiel immer auch den Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das steht in keinem Gesetz geschrieben, ist aber trotzdem eine feste und bindende Rechtsnorm.

Im Fall meiner McDonald's-Episode bestand zudem ein verbindlicher Bewirtungsvertrag zwischen mir und McD. Der daraus resultierenden Bewirtungsverpflichtung können sie sich nicht nachträglich entziehen, indem sie sich auf das Hausrecht berufen. Schon garnicht, so lange ich mich an die Hausordnung halte.

Sonst könnten Hotels ja einfach beim Check-in das Übernachtungsgeld von Gästen kassieren, ihnen dann Hausverbot erteilen, sie von der Polizei entfernen lassen und das Zimmer neu vermieten. In so einem Fall würde die Polizei einen Teufel tun, den Hotelgast aus dem Hotel zu entfernen, auch wenn sich der Hotelier auf sein (zweifelsohne vorhandenes) Hausrecht beruft.

Auch im United-Fall kollidiert das Hausrecht der Airline mit anderen vertraglichen Verpflichtungen, nämlich denen aus dem Beförderungsvertrag. United hat zwar Klauseln in seinen Beförderungsbedingungen, die ihnen die Möglichkeit bieten, auch Passagieren mit gültiger Bordkarte das Boarding zu verwehren. Ob die aber einer höchstrichterlichen Überprüfung standhalten, und ob die nötigen Bedingungen hier überhaupt erfüllt waren, ist unklar.

Und das hätte auch den Polizisten klar sein müssen, wenn sie sich pflichtgemäß erstmal ein Bild von der Lage gemacht hätten, statt den Passagier einfach "auf Zuruf" zu entfernen. Zudem haben die anderen Reisenden zu Protokoll gegeben, dass der Passagier zwar aufgebracht war, aber weder ausfällig noch handgreiflich wurde. Es fühlte sich auch niemand von ihm belästigt. Es bestand also keine zwingende Notwendigkeit, ihn zu entfernen. Und UA hätte zahlreiche andere Möglichkeiten gehabt, die Situation zu lösen.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von JU52 »

Einfach mal zum Nachlesen :wink:

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.


Die Formulierung der Tatbestandsmerkmale ist ziemlich eindeutig.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von paraglider »

JU52 hat geschrieben:Einfach mal zum Nachlesen :wink:

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.


Die Formulierung der Tatbestandsmerkmale ist ziemlich eindeutig.
Da haben wir's nochmal schriftlich!
Und angewendet auf den UAL-Fall bedeutet es: Der Passagier ist weder "widerrechtlich eingedrungen" noch hielt er sich "ohne Befugnis" in den entsprechenden Räumlichkeiten auf. Denn es wurde ihm ganz konkret Einlass gewährt und er wurde befugt den ihm mittels Bordkarte schriftlich zugewiesenen Sitzplatz einzunehmen. Kurzum, er hat sich bis dahin in den üblichen Betriebsablauf ohne zu stören eingeordnet.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Zak »

JU52 hat geschrieben:Einfach mal zum Nachlesen :wink:

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.


Die Formulierung der Tatbestandsmerkmale ist ziemlich eindeutig.
Aber man kann eine solche Situation nicht isoliert betrachten. Noch was zum Nachlesen: :wink:
Gericht: Hausverbote müssen nicht begründet werden

Hotels, Restaurants und Geschäfte dürfen Hausverbote erteilen, wenn ihnen die politische Überzeugung eines Kunden nicht gefällt. Der Bundesgerichtshof hat dies im Falle eines früheren NPD-Vorsitzenden entschieden. Der Politiker hatte einen Wellness-Urlaub gebucht, dann aber wegen seiner politischen Ansichten im Hotel Hausverbot erhalten.

Mit der Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof das Hausrecht von Geschäftsleuten mit Publikumsverkehr. Das Gericht betont nämlich, grundsätzlich dürfe jedermann frei entscheiden, wie er sein Hausrecht ausübt. Dementsprechend seien auch Hausverbote erlaubt. So ein Hausverbot muss nach Auffassung des Bundesgerichtshofs noch nicht einmal begründet werden. Dies bedeutet, dass ein Abgewiesener noch nicht einmal Auskunft verlangen kann, warum er keinen Zutritt erhält.

Allerdings geht das Hausrecht nach Auffassung der Richter nicht so weit, dass es bereits vertraglich begründete Ansprüche aushebelt. Insoweit erzielte der Politiker einen Teilerfolg. Das Hotel hatte ihm die Buchung bereits bestätigt. Hierdurch habe der Betroffene einen Anspruch auf seinen gebuchten Wellnessurlaub gehabt. Im Falle eines vertraglichen Anspruchs komme ein Hausverbot nur noch in Betracht, wenn sich der politisch missliebige Kunde dann tatsächlich daneben benimmt.

Der Bundesgerichtshof verweist ausdrücklich darauf, dass die politische Anschauung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht aufgeführt wird. Das AGG regelt Diskriminierungsverbote im Privatrecht, also zum Beispiel am Arbeitsplatz, für Bestellungen, den Zutritt zu Bus und Bahn sowie Kaufhäusern und Diskotheken. Der Gesetzgeber habe sich bewusst entschieden, die politische Überzeugung nicht aufzunehmen. Deshalb müsse es der Kläger hinnehmen, dass er benachteiligt wird. Das Hausverbot betreffe auch nur seine Freizeitgestaltung, so dass er nicht übermäßig belastet sei.

Die Entscheidung des Gerichts wirkt sich aber auch auf Hausverbote aus anderen Gründen auf. Offenbar meint der Bundesgerichtshof, nur die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Gründe sprächen gegen ein Hausverbot. Diese Gründe sind Rasse und ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass alle Hausverbote, die nicht auf diese gesetzlichen Diskrimierungstatbeständen beruhen, zulässig sind.
https://www.lawblog.de/index.php/archiv ... et-werden/

§123 StGB ist also nach höchstrichterlicher Rechtssprechung gerade keine Allzweckwaffe, um von einer vertraglichen Verpflichtung zurückzutreten. Dazu müssen wichtige Gründe vorliegen, die bei Abschluss des Vertrags, aus dem die Verpflichtung resultiert, noch nicht bekannt waren. Z.B. ein randalierender Restaurant- oder Fluggast.

Das war in meinem McD-Beispiel nicht der Fall, und es ist zumindest fraglich, ob das bei dem UA-Passagier der Fall war (und ob diese deutschen Rechtsnormen 1:1 auf die USA übertragbar sind natürlich).
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von JU52 »

Ich denke wir alle kennen in dem UA Fall zu wenig Einzelheiten und Fakten, um diesen Fall rechtlich beurteilen zu können.
Einen Gefallen hat UA sich auf keinen Fall mit dieser Aktion getan...
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Sheremetyevo »

Zak hat geschrieben:
Sheremetyevo hat geschrieben:Durch die Weigerung des Passagiers auszusteigen, ist es dem Piloten nicht möglich gewesen den Flug durchzuführen (Sicherheitsbestimmungen) was zu einem erheblichen Eingriff in den Betriebsablauf geführt hätte
Es war ohne weiteres möglich, den Flug durchzuführen. Es befanden sich nicht zu viele Passagiere an Bord, alle an Bord hatten eine gültige Bordkarte, alle sind den Sicherheitsbestimmungen entsprechend gescreened worden, und niemand stellte eine Gefährdung für den Flugablauf dar.

Man hätte also ohne weiteres die Türen schließen und losfliegen können. Man wollte nur nicht, und das aus Gründen, die der Passagier nicht zu vertreten hatte.

Und genau für solche Fälle ist die Polizei eben nicht zuständig. Weder hier noch in den USA.

Und nochmal - der Passagier ist bislang weder straf- noch zivilrechtlich belangt worden. Die Polizisten hingegen sind suspendiert worden. Warum sollte das so sein, wenn Crew und Polizisten rechtlich alles richtig gemacht hätten?
1. Wenn der Flug nicht überbucht gewesen wäre, wäre dass Problem doch nicht entstanden. Ob die überzähligen Passagiere bereits an Bord waren oder nicht, wissen wir wahrscheinlich alle nicht mit Sicherheit, ist m.E. allerdings auch nicht ausschlaggebend.
2. Falls der gewaltsam entfernte Passagier das Flugzeug zunächst freiwillig verlassen hatte dann aber wieder (trotz gegenteiliger Aufforderung) wieder betreten hat sind meines Wissens nach weitere sicherheitsrelavante Aspekte zu berücksichtigen, die letztendlich ein gewaltsames Entfernen des Passagiers rechtfertigen/erfordern.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Sheremetyevo »

JU52 hat geschrieben:Ich denke wir alle kennen in dem UA Fall zu wenig Einzelheiten und Fakten, um diesen Fall rechtlich beurteilen zu können.
Einen Gefallen hat UA sich auf keinen Fall mit dieser Aktion getan...
100% Zustimmung.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von Zak »

Sheremetyevo hat geschrieben:1. Wenn der Flug nicht überbucht gewesen wäre, wäre dass Problem doch nicht entstanden. Ob die überzähligen Passagiere bereits an Bord waren oder nicht, wissen wir wahrscheinlich alle nicht mit Sicherheit, ist m.E. allerdings auch nicht ausschlaggebend.
Der Flug war überbucht. Das Problem ist aber noch am Gate gelöst worden. Es fanden sich Freiwillige, die gegen Bezahlung verzichtet haben, den Flug anzutreten.

Die verbleibenden Passagiere wurden daraufhin ins Flugzeug gelassen, welches dann voll besetzt, aber nicht mehr überbucht war.

Erst dann tauchte die Ersatz-Crew auf, die unbedingt auch nach Louisville musste. Warum das allen Beteiligten erst direkt vor Abflug auffiel, bleibt UA's Geheimnis. Es hat sich dadurch jedenfalls eine neue Situation ergeben. Der Flug war nicht mehr überbucht, trotzdem mussten bereits eingestiegene Passagiere wieder raus. Wie das rechtlich zu bewerten ist, ist unklar.

Auf jeden Fall hätte UA aber andere Möglichkeiten gehabt, die Crew nach Louisville zu bekommen. Es gingen noch 2 weitere Flüge am selben Abend (AA, DL), auf denen Platz war. Und selbst einen Kleinbus mit Fahrer anzumieten, wäre bei unter 4 Stunden Fahrzeit möglich gewesen. Die Kosten für beide Lösungen hätten mit ca. $1,000 sogar deutlich unter dem gelegen, was man den Passagieren als Kompensation anbot (4 x $800 + Hotels).

Die Entscheidung, Passagiere notfalls unter Zwang zu entfernen, erscheint mir damit auf jeden Fall unverhältnismäßig.
Sheremetyevo hat geschrieben:2. Falls der gewaltsam entfernte Passagier das Flugzeug zunächst freiwillig verlassen hatte dann aber wieder (trotz gegenteiliger Aufforderung) wieder betreten hat sind meines Wissens nach weitere sicherheitsrelavante Aspekte zu berücksichtigen, die letztendlich ein gewaltsames Entfernen des Passagiers rechtfertigen/erfordern.
Es gibt tatsächlich eine Behauptung, dass der Passagier das Flugzeug zunächst verlassen hat, um dann wieder zurückzukehren. Falls das stimmt, würde das seine Aussichten vor Gericht wahrscheinlich schmälern.

Belegt ist aber bislang meines Wissens nur, dass er nach seiner gewaltsamen Entfernung nochmal zurück an Bord ging, und das offensichtlich stark verwirrt und desorientiert. Da er zu diesem Zeitpunkt offenkundig an einer Gehirnerschütterung litt, die ihm bei dem gewaltsamen Zugriff zugefügt wurde, wird er sich das rechtlich aber nicht anlasten lassen müssen.

Allerdings verstärkt das den Eindruck, dass Polizisten und Crew hier extrem unprofessionell gehandelt haben. Wie kann es denn sein, dass man einen Passagier, den man gerade gewaltsam aus einem Flugzeug entfernt und dabei schwer verletzt hat, wieder unbehelligt zurück in die Maschine spazieren lässt? Und das, obwohl er offenkundig nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und zudem stark blutet, was für die anderen Passagiere ein fürchterlicher Anblick ist.

Meine Vermutung (das ist aber nur Spekulation) ist, dass, nachdem man den Mann bewusstlos zurück zum Gate geschleift hat, allen Beteiligten dort dämmerte, dass man gerade mal so richtig Bockmist baut. Und dann hat sich niemand mehr getraut, noch irgendwas zu machen.

In jedem Fall hat UA bereits allen Passagieren des Flugs eine Entschädigung angeboten. Auch das spricht m.E. für sich.

Man darf gespannt sein, wie der Rechtsstreit zwischen dem Passagier und UA sich entwickelt. Laut seines Anwalts hat er bei dem Zugriff zwei Zähne verloren und sich einen Nasenbeinbruch und eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen. Sollte das ganze tatsächlich vor einem Richter landen und dieser ein schuldhaftes Verhalten von UA feststellen, könnte das extrem teuer für UA werden. Das wäre genau die Art von Fall, bei denen US-Gerichte bei ihren Urteilen gerne mal in die Millionen gehen.

Meine Vermutung ist, dass UA alles daran setzen wird, das außergerichtlich zu regeln. Allein schon um weitere negative Publicity zu vermeiden. Ich denke aber, dass der Mann sich auch eine außergerichtliche Einigung 7-stellig bezahlen lassen wird.

Es bleibt auf jeden Fall spannend.
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von MD-80.net »

Noch sehr viel weiter eingeschränkt ist das Hausrecht im Dienstleistungssektor. Da braucht man nur mal die Sicherheitsleute nebst Polizisten im ÖPNV zu fragen wie aussichtslos es ist, Bettler und Hausierer loszuwerden, wenn diese im Besitz eines gültigen Fahrscheines sind. Da muss schon eine unmittelbare Gefahrenlage vorliegen!
Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn einst auch im ÖPNV inklusive Prüfdienst gearbeitet und möchte anmerken, dass es tatsächlich problematisch ist. Selbst wenn das Tarifrecht (in den Zügen) und das Hausrecht (in den Bahnhöfen) angewendet werden und man als Mitarbeiter sich - auch juristisch - rechtfertigen kann (muss!) sowie die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, so ist die Umsetzung schwierig und oft auch sehr gefährlich (Eigensicherung!). Zusätzlich werden oft noch andere Personen mit ihren Smartphones aktiv und es werden Sachverhalte aus dem Kontext falsch generiert und gefilmt. Interessant ist es, dass wildfremde Personen ohne Informationen sich in unsere Arbeit oder in einen Vorfall einmischten und erklärten, was Sache ist. Die Umsetzung von Anweisungen als Besitzdiener ist die eine Sache, die ständige Kontrolle des eigenen Handelns ebenso. Bei solchen Vorfällen sind Meldungen zu machen, als Mitarbeiter hat man sich nicht nur gegenüber Fahrgästen, sondern primär auch gegenüber Vorgesetzten und Leitstelle zu erklären.

Selbst das Entfernen "unerwünschter" Personen war und ist immer eine Abwägung, wobei das Tarifrecht bzw. Hausrecht sehr wohl Gründe nennt, die eine Mitfahrt oder den Aufenthalt im Bahnhof trotz Fahrkarte nicht mehr rechtfertigt. Nach Erteilung eines Hausverbots ist einer solchen Person aber gleichwohl gestattet, zur Benutzung eines Zuges den Bahnhof zu betreten und den gewünschten Zug zu nehmen. Und last but not least sind es dann der Mitarbeiter aus dem ÖPNV, die dienstlich einen RTW rufen, wenn eine obdachlose Person irgendwo im Zuständigkeitsbereich bewusstlos rumliegt. Dies wissen nämlich bestimmte Personengruppen genau und man kennt seine Pappenheimer beim Namen und hilft - auch und gerade um sich abzusichern, denn die Tätigkeit steht unter ständiger Kameraüberwachung. Ignoriert man eine solche Situation, reicht kein Dreizeiler mehr. Der großen Mehrheit von Mitarbeitern im ÖPNV ist dies auch bewusst. Dann nahm man lieber hin, angespuckt, beschimpft und beleidigt zu werden. Weitere (sehr interessante und auch äußerst gefährliche) Situationen gehören aber nicht in die Öffentlichkeit. Da schießt mir noch heute Adrenalin ins Blut, wenn ich daran denke.

Meine Zeit im ÖPNV war sehr lehrreich und ich bin grundsätzlich skeptisch, wenn man nicht dabei war und/oder alle relevanten Fakten kennt. Ich behaupte sogar, dass man zumindest im ÖPNV "erst mitreden kann", wenn man an einem Wochenende eine Nachtschicht auf der Reeperbahn gemacht hat, dort XX mal einen RTW gerufen hat, geholfen hat, Erste Hilfe geleistet hat, noch von besoffenen Gruppen zeitgleich beschimpft wurde, an Maßnahmen behindert wurde, Streitigkeiten geschlichtet und angebrüllt wurde, wenn man darauf hinwies, mehr Abstand vor der einfahrenden S-Bahn zu halten, wo doch gerade am Tag X eine Person unter die S-Bahn geraten ist. Die ganze Arbeit erfolgte auch immer unter dem Aspekt: Kann ich mein Handeln im Falle des Falles rechtfertigen?

OK, back to topic ;-)
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Re: United-Vorfall in Chicago

Beitrag von steppenwolf »

Meine (unerhebliche) Meinung:

1: Spätestens mit dem Boarding hat UA den Beförderungsvertrag diesen PAX betreffend rechtlich endgültig bindend akzeptiert.
2: Dieser Beförderungsvertrag hätte von UA nur noch dann aufgelöst werden können wenn dem betreffenden PAX seitens UA ein relevantes Fehlverhalten an Bord nachgewiesen worden wäre, zum Beispiel Mitführen von Sprengstoff, ungebührliches Verhalten an Bord wie Beleidigung anderer Fluggäste, Urinieren in den Mittelgang oder was einem sonst noch so einfallen mag... Keiner dieser Fälle ist offenbar gegeben! Ganz im Gegenteil: Der PAX wurde offenbar entfernt um ein internes logistisches Problem von UA zu lösen! Insofern war und ist diese zwangsweise und unter Anwendung körperlicher Gewalt stattfindende Entfernung des betreffenden PAX von wem auch immer und auf wessen Anweisung hin auch immer nicht nur nicht von keinerlei Hausrecht gedeckt, sondern sie ist überdies in allen Belangen als überaus rechtswidrig zu betrachten!

OPI
Die Stimme höhnt: Es ist soweit!
Du hörst dich schrein: Nein, noch ist Zeit!
Zum Sterben bist du nie bereit...
...dein Blut gerinnt im Sand
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